Vor Aslana erhob sich das Gelände zu den ersten Ausläufern einer kleinen Bergkette, die Akron von Terrion trennte. Und erhöht, quasi auf halber Höhe in die ersten ernstzunehmenden Hügel gesetzt stand die Drachenkreuz. Zu einer ihrer Seiten fiel das Gelände recht steil zu einem Fluss ab, der wie Voltan wusste, durch ganz Akron floss. Auf der anderen Seite der Feste fiel das Gelände sanft ab. Eine gut ausgebaute Straße wand sich zu der Burg empor auf der tagsüber so manch ein Ochsenkarren unterwegs war. Am Fuße des kleinen Berges lag ein Dorf und Felder erstreckten sich ins Landesinnere. Auf den Bergen konnte man gut die nun kahlen Weinstöcke sehen, die für Askaniens berühmten Rotwein veratwortlich waren.
In dem Dorf herrschte noch einiges an Geschäftigkeit. Offensichtlich hatten die Menschen auf ein Ende der Regenschauer gewartet und nutzen die letzte Stunde Tageslicht. Der Paladin und die Kriegspriesterin durchquerten die Kleine Ortschaft und wurden hier und da mit einem freundlichen Nicken oder einer zum Gruß erhobenen Hand bedacht. Ein friedliches Dorf in einem friedlichen Land - so etwas konnte der Seele schon guttun, wenn man aus den verschiedenen Kriegsgebieten der Mittellande heimkehrte.
Als sie sich der Feste näherten bemerkte die Kriegspriesterin, dass die angreifbare Seite der Burg, die durch das flach abfallende Gelände gut zu erreichen war, durch ein Bollwerk und einen Zwinger oder Vorwerk geschützt war. Außerdem schien sich die Feste ganz klassisch in eine Vor- und Hauptburg zu unterteilen. Am bemerkenswertesten jedoch war ein zweites gewaltiges Bollwerk, welches die Vorburg überblickte.
Es schien ursprünglich als Standort für größe Geschütze geschaffen worden zu sein aber Aslana konnte darauf kein Trebuchet oder dergleichen erkennen. Stattdessen schien die Plattforn oben seltsam unförmig zu sein, doch die Sonne stach der Priesterin in die Augen und sie konnte es nicht klar erkennen.
Die beiden müden Reisenden beschleunigten ihren Schritt, das Ziel ihrer Reise vor Augen. Die Aussicht auf ein gutes Mahl und heißen Met, sowie ein bequemes Bett ließen sie nochmal ein paar Kraftreserven finden.
Bald konnten sie die Farben des Ordens erkennen, die über den Zinnen wehnten, sowie die Wachen in ihren roten Röcken, die auf den Wehrgängen standen. Doch das Tor in den Zwinger stand freundlich offen und auch die dort positionierten Wachen taten nicht viel mehr als ihnen freundlich zuzunicken. Voltan war dort wohlbekannt.
Kurz bevor sie die Vorburg betraten hörte die Kriegspriesterin ein dumpfes Rumpeln oder Grollen und freute sich, dass sie es vor dem aufziehenden Gewitter in die Feste geschafft hatten. Doch ein Blick zum Himmel ließen sie die erwarteten dunklen Wolken vergebens suchen. Vielleicht verdeckten die Berge das nahende Unwetter, dass sie so deutlich hören konnte.
Die Vorburg beherrbergte die Ställe, eine Schmiede, ein paar Unterkünfte und Kammern und zwei größere Gebäude, von denen eines augescheinlich ein kleiner Tempel zur Ehr der Alten Drachen war. Auch hier herrschte noch geschäftigkeit und nicht alle hier trugen die Farben des Ordens. Doch Aslana hatte weder Zeit noch Lust, sich jetzt im Detail umzusehen. Voltan zog sie weiter auf das Tor zur Hauptburg zu, dem Teil der Feste, die dem Orden und etwaigen Gästen vorbehalten war.
Doch kurz bevor sie das - ebenfalls bewachte - Tor durchschritten, ertönte dieses seltsame Grollen wieder, nur war es jetzt lauter als vorher. Stirnrunzelnd blickte die Kriegspriesterin nach oben - und blieb wie angewurzelt stehen, als ihr Blick so abermals auf das große Bollwerk fiel und sie endlich erkannte, was sich hinter dem scheinbar unförmigen Umriss darauf verbarg.
Der Drache lag darauf.
Ein Drache, ein wahrhaftiger Drache lag nur wenige Meter über ihr auf den Steinen und hatte es sich dort so gut es eben ging bequem gemacht. Die Flügel hatte er angelegt, der Schwanz baumelte träge über den Rand seines Landeplatzes. Denn dafür, so wurde der Kriegspriesterin sofort klar, nutze der Drachenorden diesen ehemaligen Geschützturm.
Seine Schuppen glänzten im Licht der untergehenden Sonne in der Farbe von blauem Stahl und das dunkle Rumpeln kam aus der Kehle des großen Geschöpfes, das hinunter in die Hauptburg blickte und zu warten schien.
Aslana stand und starrte.